Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern lehnt eine Arbeitszeitverlängerung an den Grund-, Mittel-, und Förderschulen entschieden ab und fordert Lösungsvorschläge endlich anzupacken.
9.01.2020
Es ist mittlerweile jedem Menschen, der an
Schulen arbeitet klar, dass Bayern ein ernsthaftes Problem damit hat,
die Unterrichtsversorgung an Grund-, Mittel- und Förderschulen aufrecht
zu erhalten. Dies scheint nun auch das Kultusministerium verstanden zu
haben und den Lehrkräftemangel anzuerkennen.
Bereits seit 2016
wiesen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern sowie weitere
Verbände und die Opposition im Landtag darauf hin, dass der Mangel an
Lehrkräften an besagten Schularten erhebliche Ausmaße angenommen hat. In
Pressemitteilungen und Aktionen machte die GEW über Jahre hinweg
deutlich, dass angesichts der gestiegenen Anforderungen an den
Lehrerberuf an allen Schulen ein immer gravierenderer Fachkräftemangel
zu weiteren Belastungen der Lehrkräfte sowie zu Qualitätseinbußen im
Unterricht führen würde.
Die GEW schlug gebetsmühlenartig
Maßnahmen vor, um Unterrichtsqualität zu sichern und die Gesundheit der
Lehrkräfte zu schützen und zu erhalten:
- A13 als
Einstiegsbesoldung und gleiche Aufstiegsmöglichkeiten für alle
Lehrkräfte. Höhergruppierung der Fach- und Förderlehrkräfte und der
angestellten Lehrkräfte, um den Beruf für alle attraktiver zu machen.
- Erneute Aussetzung der externen Evaluation.
- Eine Reform der Lehrkräfteausbildung, um der Realität der Bildungslandschaft gerecht zu werden.
- Eine
vorübergehende Reduzierung der Stundentafel, um für alle Schüler*innen
flächendeckend qualifizierte Bildungsangebote zu sichern. Dies ist in
unseren Augen die einzige Maßnahme, die kurzfristig dem Personalmangel
entgegenwirkt, ohne die Kolleg*innen zusätzlich zu belasten. Diese
vorübergehende Reduzierung muss ohne jegliche Kürzung von
Haushaltsmitteln im Schulbereich erfolgen.
„Die
verzweifelten Versuche des Kultusministeriums, die Unterrichtsversorgung
mit fachfremdem Personal, mit noch nicht fertig ausgebildeten
Lehrkräften, mit Umschulungsmaßnahmen sowie mit dem Slogan ‚Vor jeder
Klasse steht ein Lehrer‘ (Piazolo) sicher zu stellen, sind nun
gescheitert“, stellt Johannes Schiller, Sprecher der Landesfachgruppe
Sonderpädagogische Berufe und Mitglied im Hauptpersonalrat fest.
Das
Kultusministerium kündigt nun an, die Antragsteilzeit für Lehrkräfte
auf ein Mindeststundenmaß von 23 bzw. 24 Unterrichtsstunden anzuheben
und den Antragsruhestand künftig erst ein Jahr später, also ab dem 65.
Lebensjahr zu genehmigen. Zudem sind Freistellungsmodelle wie das
Sabbatjahr nicht mehr möglich. Die Unterrichtspflichtzeit der
Grundschulkolleg*innen wird vorübergehend um eine Stunde pro Woche
erhöht. Ausnahmen gibt es für schwerbehinderte und gleichgestellte
Kolleg*innen.
Dazu Ruth Brenner, die Vorsitzende der
GEW-Landesfachgruppe für Grund- und Mittelschulen und Mitglied im
Hauptpersonalrat: „Die Personalvertretungen wurden über diese Maßnahmen
nicht informiert. Dies ist schlicht rechtswidrig. Aber nach dem Motto:
„Was kümmert mich eine Personalvertretung, ich sorge mich ja auch nicht
ums Personal‘ kann sich das Kultusministerium anscheinend alles
erlauben.“
Auch wenn Kultusminister Piazolo betont, dass all diese
Vorgaben nur vorübergehenden Charakter haben, ist die Botschaft klar.
Statt Arbeitsentlastungen anzubieten, wird noch mehr Arbeitsleistung von
den Lehrkräften gefordert! Die der Gesundheit förderlichen
Arbeitszeitregelungen wie Teilzeit, Antragsruhestand oder das Sabbatjahr
werden weiter eingeschränkt oder komplett eingestampft. Kolleg*innen,
die nicht mehr können, werden die Perspektiven auf Entlastung nahezu
vollständig genommen.
Man muss es immer wieder klar und deutlich
sagen: Der Personalmangel an Grund-, Mittel-, und Förderschulen ist
hausgemacht und Folge einer verfehlten Planung. Geburtenraten,
Ruhestandsversetzungen und Ausbildungskapazitäten sind Größen, die
bekannt sind und in langfristige Planungen hätten einbezogen werden
müssen. Die Konsequenzen dieser desaströsen Fehlplanungen bekommen nun
vor allem die Kolleg*innen an den Schulen zu spüren.
Aus Sicht der
Bildungsgewerkschaft grenzt es an Zynismus, wenn Piazolo an die
bayerischen Lehrer*innen appelliert, auf freiwilliger Basis einen
Beitrag zu leisten, beispielsweise durch Erhöhung der Teilzeitstunden
oder durch Aufschieben des Ruhestands, um dann diese Maßnahmen ein paar
Absätze weiter dienstrechtlich vorzuschreiben.
So geht man mit
seinen Beschäftigten nicht um, auch nicht in Zeiten der akuten
Gefährdung des Schulbetriebs! Die Lehrkräfte an den Schulen sind nicht
mehr in der Lage, noch weitere Belastungen zu tragen. Sie benötigen
dringend Arbeitsentlastung und keine weitere Arbeitsverdichtung!