Aus der jungen Welt, Ausgabe vom 07.05.2020, Seite 8 / Rubrik: Abgeschrieben
Stark machen für den Frieden
Erhard Stenzel, der letzte noch lebende deutsche Widerstandskämpfer der französischen Résistance, teilte zum 8. Mai 2020 mit:
(…) Der Hitlerfaschismus war das brutalste, grausamste Verbrechen an der Menschheit im 20. Jahrhundert. Ich habe zwei Tage nach dem großen Verbrechen am 10. Juni 1944 in Oradour-sur-Glane die verbrannten Körper von Frauen, Kindern, Greisen und Männern gesehen. In der Kirche, in einer Scheune und teilweise in Wohnhäusern waren sie eingesperrt und einfach verbrannt worden. Ca. 500 verkohlte Leichen. Wir haben geweint. Diese grausame Spur des Verbrechens hinterließ die 2. SS-Panzer-Division »Das Reich«. Zwei Monate später erreichten wir Paris am 24./25. August 1944. Wir jagten mit unserer Kampfgruppe deutscher Partisanen-Résistance-Kämpfer an der Seite amerikanischer Streitkräfte die SS, die Gestapo und die Wehrmachtseinheiten. Paris wurde zum Glück kein Trümmerhaufen, wie Hitler es befohlen hatte.
Die Entscheidung über das Ende des Zweiten Weltkrieges fiel zunächst in der Sowjetunion, in den erfolgreichen Schlachten der Roten Armee bei Stalingrad, vor Moskau, Leningrad, im Kursker Bogen, später dann auf den Seelower Höhen und bei der Befreiung Berlins. (…)
Die damalige Losung bei unserer Heimkehr lautete: »Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!« Verdammt – die Losung ist heute wieder äußerst aktuell. Faschisten in Teilen der Welt, in einigen Ländern Neonazis, rechtsradikale Gruppierungen sowie Teile der AfD organisieren Demonstrationen, marschieren in deutschen Städten auf den Straßen, besetzen teilweise mit gewählten Abgeordneten die Parlamente, unterwandern den Staat und die Institutionen. Und welche Schande: Verbände der Bundeswehr beteiligen sich an der russischen Staatsgrenze an monatelangen Manövern der NATO. Eine solche Provokation hat die russische Bevölkerung nicht verdient. Die Russen wollen keinen Krieg! Die Friedenskräfte in der Welt müssen stärker aktiv werden. (…)